Rot-grüne Jagdpolitik in NRW: Das Ende der Jagd wie wir sie kennen

In Nordrhein-Westfalen stehen am 13. Mai 2012 Neuwahlen an. Mit dem Ende der alten Regierung ist auch das rot-grünen Vorhaben eines „ökologischen“ Jagdgesetzes vorerst vom Tisch – eines Vorhabens, dass aus ideologischen Motiven und wie viele meinen weit über Länderkompetenz hinaus das Ende der Jagd wie wir sie kennen einläuten sollte. Leider ist in diesem Fall jedoch aufgeschoben nicht auch aufgehoben, denn eine rot-grüne Regierungsbildung könnte erneut drohen – jedenfalls wenn es Jägern und anderen Betroffenen nicht gelingt, sich deutlich genug zu artikulieren. Wer beim Jagdgesetz Ideologie an erste Stelle stellt, tut es auch auf anderen Gebieten.

Klar ist, dass das neue Jagdrecht in NRW auf dem Boden der Ideologie steht, der Jäger stelle für die Allgemeinheit eine Art Schalenwildreduzierer und Seuchenbekämpfer dar und müsse vor jedem Tun zunächst dessen Unschädlichkeit nachweisen sowie für die Erlaubnis überhaupt jagen zu dürfen dankbar sein.
Das Jagdrechtsblog weist dem ex-Minister Remmel ausgezeichnet nach, wie geschickt er agiert:
„Beim Lesen dieses Interviews [ex-Minister Remmel in Wild und Hund] breitet sich merkliches Unwohlsein aus, obwohl der Herr Minister sich große Mühe gegeben hat, die Tellereisen seiner Denke mit dichten Leerformeln zu verblenden! So meint er z.B. – was noch ganz verständlich klingt, es aber beim näheren Hinsehen überhaupt nicht ist – er halte die ‚nachhaltige Jagd‘ auch da für ‚möglich‘, wo sie ‚ohne Schaden für Tier- und Naturschutz betrieben wird‘. Dieser angesichts unseres ‚Grundgesetzes‘ in § 1 BJagdG zumindest verquere wenn nicht entlarvende Satz steht im Zusammenhang damit, dass er demgegenüber andernfalls die Jagd dort befürwortet, wo sie ‚biologisch notwendig‘ ist – was immer das heißen mag. Mit diesen Formeln kann man sich nach jeder Richtung hin erklären und verstecken, oder?“
Einmalig dürfte in NRW sein, dass sogenannte „Umwelt-„ und „Tierschutzgruppen“ wesentliche Weichenstellungen bei Entwürfen und Fragestellungen zum Jagdgesetz mitbestimmten. Die Gegnerschaft zur Jagd in der heute praktizierten Form oder zur Jagd überhaupt ist vielen von ihnen gemeinsam. Auf diesem oft nicht anhand von Fakten nachvollziehbaren „Wunschzettel“ stehen u.a. folgende Überlegungen mit großer Erfolgsaussicht, Gesetzeskraft zu erlangen:
1) Dramatische Verringerung der Liste der jagdbaren Arten und sozusagen staatlich verordnete „Schädlingsbekämpfung“ (auf im Wesentlichen Rot-, Dam-, Sika-, Reh-, Muffel- und Schwarzwild)
2) Dramatische Verkürzung der Jagdzeit (mit Ausnahme des Rehbocks, der sogar eine weitere Jagdzeit bekommen soll)
3) Verbot der Fangjagd
4) Verbot der Jagdhundeausbildung an Schliefanlagen und an lebenden Enten
  
2 Mal im Jahr Jagdzeit für "Schädlinge"?
Zu den wohl deutschlandweit absurdesten Plänen sollen dem Vernehmen nach u.a. Sauenfänge für Schwarzwild, das totale Verbot der Flugwildjagd, das totale Verbot der Hasenjagd und das totale Verbot der Fuchsjagd gehören.
    
Griff in die historische Mottenkiste
Unpassenderweise ist einer der Gründe für die dramatische Veränderung des Jagdgesetzes in NRW dessen angebliche Veralterung, für die sogar bis ins Dritte Reich zurückgegriffen wird, um unsinnige Forderungen zu begründen. So zitiert die Neue Westfälische im Dezember 2011 einen Sprecher des Umweltministeriums in NRW wie folgt:
„Große Teile des Landesjagdschutzgesetzes seien ‚völlig veraltet‘ und müssten ‚den aktuellen Bedingungen und Erkenntnissen angepasst werden‘, sagt Wilhelm Deitermann, Sprecher des NRW-Umweltministeriums. Ziel sei es, ‚ein ökologisches Jagdgesetz zu entwickeln‘.“ Weiter heißt es dann bezeichnenderweise: „"Als Sprecher der Tier- und Naturschutzverbände steht er [Helmut Brücher] für recht drastische Forderungen. ‚Das bestehende Jagdrecht geht im Kern auf das Reichsjagdgesetz aus dem Jahr 1934 zurück‘, sagt Brücher. Die Jagdlobby habe es ‚über Jahrzehnte geschafft, notwendige Reformen zu verhindern‘.“
Die Übernahme der Argumentation von Jagdgegnern und der gewollte Rückgriff auf die NS-Zeit sind offenkundig. Was allerdings die NS-Zeit mit der Fallenjagd, der Flugwildjagd oder der Verlängerung von Jagdzeiten auf Rehwild zu tun hat, bleibt wie üblich unklar. Es gibt ja auch gar keinen Zusammenhang.
Weiter heißt es:
„Geht es nach den Vorstellungen des Naturschutzbundes (NABU), dann wäre beispielsweise die Jagd auf nahezu alle Vogelarten einzustellen. Auch sogenannte Beutegreifer, wie beispielsweise Marder, Iltisse und Waschbären dürften nicht mehr geschossen werden. Nach den Vorstellungen von Helmut Brücher bliebe nur noch die Jagd auf Hirsche, Rehe, Wildschweine und Stockenten an drei Monaten im Jahr erlaubt. Sogar die Hasen müssten geschützt werden, weil sie vom Aussterben bedroht seien. Es gebe auch keinen Grund, auf Füchse zu schießen: ‚Wir dürfen die Natur nicht in Gut und Böse einteilen‘, sagt Brücher“.
Bezeichnenderweise tun die Jagdgegner und ihre Freunde im Ministerium aber genau das: Tiere in gut (z.B. Prädatoren) und böse (z.B. Schalenwild) einteilen. Es geht sogar noch weiter, denn diese „Tierschützer“ würden genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie vorgeben, weil durch unregulierte Prädatoren Teile des Niederwildes in NRW mittelfristig existenzbedroht wäre. Von der weitgehend ungehinderten Verbreitung des Fuchsbandwurms und anderen „Kollateralschäden“ solcher Ideologien ganz abgesehen.
  
Wild erster und zweiter Klasse?
Die üblichen Unterstützer
Man merkt jedenfalls, dass die Positionen solcher „Naturschützer“ in den Medien ernst genommen werden. So schreibt die Neue Westfälische in einem Kommentar unter diesem Artikel:
„Aus der Sicht vieler Natur- und Tierschützer haben Jäger heute kaum noch eine Existenzberechtigung. In jedem Schuss auf ein freilebendes Tier sehen sie einen unzulässigen Tötungsversuch. Auf der anderen Seite betrachten sich die Jäger selbst als die größten Naturschützer. Hege und Pflege seien ihnen heilig, so versichern sie immer wieder. … Auch die Fallenjagd oder manche Praktiken bei der Jagdhundeausbildung stehen den Jägern nicht gut zu Gesicht. … falsch wäre es allerdings, die Jagd in Bausch und Bogen zu verdammen. Ohne Jäger würden sich manche Tierarten, wie zum Beispiel Wildschweine und Waschbären, unkontrolliert vermehren. Daran kann aber niemandem gelegen sein.“
Es ist klar wo die Reise bei solchen Journalisten hingeht: Jäger werden Schädlingsbekämpfer. Ob der Journalist weiß, was Fallenjagd ist und wozu sie dient, darf bezweifelt werden. Wem er mehr Gehör schenkt ist hingegen eindeutig: den Jagdgegnern, für die der Gedanke des Todes eines Tieres an sich unerträglich ist – außer natürlich es findet hinter verschlossenen Türen in einem Schlachthof statt, damit es z.B. preisgünstige Fleisch und Wurst gibt.
Welche Organisationen den ex-Minister Remmel unterstützen ist auch klar, wenn man sich die einschlägigen Internetseiten der Jagdgegner ansieht. So heißt es bei der sogenannten „Initiative zur Abschaffung der Jagd“:
„NRW: Neues Landesjagdgesetz unterstützen! Machen Sie mit bei der PETA-online-Aktion: Unterstützen Sie Minister Johannes Remmel bei seinem Kampf um ein verbessertes Jagdgesetz! Minister Johannes Remmel in NRW kämpft seit Langem um Verbesserungen im Landesjagdgesetz. Bitte ermutigen Sie ihn, nicht aufzugeben.“
Aus jagdlicher Sicht hoffentlich nicht!
Bei der umstrittenen Organisation Peta selbst heißt es unter Rückgriff auf das alte „Haustier-Argument“, mit dem auch nicht grundsätzlich jagdfeindliche Mitstreiter gewonnen werden sollen:
„Jedes Jahr erreichen uns unzählige Meldungen über den Abschuss von Hunden und Katzen durch die Jägerschaft. Jährlich werden etwa 400.000 Katzen und 65.000 Hunde von Jägern erschossen, in den allermeisten Fällen handelt es sich um tierische Familienangehörige. … Ich begrüße das Engagement Ihres Ministeriums sehr und bitte Sie, nicht aufzugeben. Ich lege Wert darauf, dass der Abschuss von „Haustieren", wie Hunden und Katzen, ausdrücklich untersagt bzw. verboten wird. Die Auswüchse solcher nach wie vor bestehender Erlaubnisse im NRW-Landesjagdgesetz ersehen Sie aus der aktuellen Peta-Ermittlung“.
Das Wort Ermittlungen suggeriert hier eine quasi offizielle Beauftragung der Peta-Leute. Abgesehen davon ist das Dulden von Wilderei durch Hunde und Katzen kaum mit „Tierschutz“ in Einklang zu bringen. Oder sind gewilderte Rehe und gewilderte Bodenbrüter Tiere geringerer Bedeutung?
    
Endlich regt sich Widerstand
Die Jagdmedien sind erfreulicherweise wach und aktiv und deshalb sollte es diesmal (anders als bei vielen waffenrechtlichen Fragen) gelingen, zumindest einen weitgehend geschlossenen Widerstand der Jägerschaft zu organisieren.
Die Zeitschrift „Unsere Jagd“ formuliert z.B.:
„Reine Schädlingsbekämpfung. Der Wille, der dahinter steht ist klar: Die Jäger in NRW dürfen künftig nur noch Rindenschäler, Knospenbeißer und Maisfresser bejagen. … So unverschämt die Vorschläge aus der Jagdgegnerschaft auch sind, sie müssen aufhorchen lassen“.
Die Zeitschrift „Der Jäger“ geht noch einen Schritt weiter und publiziert in ihrer Facebook-Präsenz einen guten Forderungskatalog:
„Wenn Johannes Remmel erst in NRW regiert, dann wird es für die Jagd dort vermutlich zu spät sein. ... Der Jäger findet: 1. Wir müssen unsere Kräfte bündeln - alle LJVs [Landesjagdverbände] gemeinsam sind gefordert. 2. Wir müssen strategische Allianzen bilden - Bauern- Fischerei- Grundbesitzerverbände sind ebenfalls betroffen. 3. Wir müssen die RICHTIGEN Argument ins Feld führen! (Fleischbeschaffung, Seuchenschutz, Wildschadensverhütung etc.)".
Auch der LJV NRW hat angesichts der haarsträubenden Überlegungen Fahrt aufgenommen und bietet z.B. unter www.natur-waehlen.de/ einen Forderungskatalog sowie eine Liste von Positionen der einzelnen Parteien zu entscheidenden jagdrechtlichen Fragen (zu denen allerdings am 10.4. noch keine Antworten eingestellt wurden). Der Forderungskatalog des LJV umfaßt u.a.:
„ Das bestehende Landesjagdgesetz hat sich bewährt und soll erhalten bleiben. … Die Jagd ist nachhaltig und muss als Wirtschaftswert erhalten bleiben. … Der geltende Katalog der dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten hat sich bewährt. … Die bestehenden Jagd- und Schonzeiten haben sich grundsätzlich bewährt. … Die Fangjagd muss erhalten und weiterentwickelt werden. … Die Jagdhundeausbildung an lebenden Tieren ist aus Tierschutzgründen wichtig. … Einen behördlichen Musterpachtvertrag lehnen wir ab.“

Der LJV NRW täte gut daran, mit massiver Unterstützung des Deutschen Jagdschutzverbandes bereits jetzt eine stark öffentlichkeitswirksame Kampagne zu fahren, Allianzen mit Fischereiverbänden und mit Grundbesitzern und Bauern, deren Jagden unverpachtbar werden, zu festigen und im Falle einer rot-grünen Regierung mit ähnlicher Agenda die ganze Klaviatur des demokratischen Widerstandes spielen: von der Demonstration, über die Anzeigenkampagne bis zur Klagewelle.
Zu den wesentlichsten Statements des LJV, die die rein ideologisch motivierten rot-grünen Pläne entlarven, gehören z.B. die folgenden Aussagen:
1) Stichwort Artenschutz: „Eine Kürzung des Katalogs der jagdbaren Tierarten führt zu einer nicht gerechtfertigten jagdrechtlichen Einschränkung … Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen, dürfen längst noch nicht gejagt werde. Sie unterliegen aber in jedem Fall der Hegeverpflichtung der Jäger. Die erfolgreiche Wiedereinbürgerung des Wanderfalken, die positiven Bestandsentwicklungen von Waldschnepfe, Kolkraben, aber auch Luchs und Wildkatze sind nur einige Beispiele dafür, dass unsere heimischen Wildarten im Jagdrecht bestens aufgehoben sind. … In Deutschland ist seit über 100 Jahren keine einzige Wildart durch die Jagd ausgerottet worden. Demgegenüber sind im gleichen Zeitraum zahllose Arten, die dem Naturschutzrecht unterstellt waren, ausgestorben.“
2) Stichwort Seuchenbekämpfung: „Gerade die erfolgreiche Bekämpfung der Schweinepest im Jahr 2009 belegt, dass wir Jäger die Schwarzwildpopulation in Nordrhein-Westfalen im Griff haben. Aufgrund der intensiven Bejagung durch uns in Verbindung mit Impfaktionen konnte die Schweinepest, die im Dezember 2008 in NRW kurzfristig ausgebrochen war, bereits Mitte 2009 ausgemerzt werden.“
3) Stichwort Niederwildhege und Fangjagd: „Eine gezielte Prädatorenbejagung leistet einen Beitrag zur Sicherung der Belange des Arten- und Naturschutzes sowie zur Wiederherstellung eines natürlichen Gleichgewichts. Einer natur- und tierschutzgerechten Fangjagd kommt im Rahmen der befugten Jagdausübung dabei eine besondere Bedeutung zu. Das Bodenbrüter-Symposium des LJV vom 28. September 2011 hat gezeigt, dass es gegenwärtig für die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der Artenvielfalt keine wirksame Alternative zur Fangjagd gibt. Bei diesem Symposium bestätigten anerkannte Naturschutzpraktiker aus dem gesamten Bundesgebiet, dass der Schutz von Bodenbrütern, ohne Jagd und insbesondere ohne die Fallenjagd nicht möglich ist.“

 
Was die sogenannten Naturschutzverbände und ihre Erfüllungsgehilfen in einer rot-grünen Regierung mit dem Jagdrecht in NRW anstellen werden, ist klar. Es liegt an den Wählern, dieser Ideologie eine Absage zu erteilen. 65.000 organisierte Jäger und weit mehr Schützen (die auch wissen dürften, welche Impulse für ihren Sport von NRW ausgehen würden) sollten in ihrem persönlichen Umfeld alles tun, um die Gefahr einer neuen rot-grünen Regierung abzuwenden. Sie würde das Ende der Jagd wie wir sie kennen bedeuten.
  
Verweise
- Jagdfeindlichkeit und Kommerz
- Freude an der Jagd oder Abschußprämien
- Dammbruch in NRW: Unfruchtbarmachung von Federwildgelegen